Konservierung einer rumänischen Höhle mit Punktwolken- und GNSS-Daten
Case study
Autor: Renata Barradas Gutiérrez
3D-Laserscanning ist ein hochaufgelöstes, nicht invasives Dokumentationsverfahren zur Erschließung unseres Natur- und Kulturerbes und zu dessen Schutz vor natürlichen und menschlichen Bedrohungen. Wissenschaftler aus unterschiedlichsten Fachgebieten entwickeln laufend neue Anwendungen dieser Technologie: Zuletzt haben Höhlenforscher Laserscannerdaten eingesetzt, um Höhlen mit Millimetergenauigkeit zu vermessen, ohne ihnen dabei irgendeinen Schaden zuzufügen. Aus Punktwolkendaten lassen sich kartografische Informationen extrahieren sowie Flächen und Volumen berechnen, um die Veränderung topografischer und bathymetrischer Parameter in Höhlen zu untersuchen.
Um das Höhlenerbe Rumäniens besser verstehen zu lernen und für künftige Generationen zu bewahren, hat Top Geocart, der Leica GeosystemsVertriebspartner in Rumänien, die Meziad-Höhle, ein 6.298 Meter großes Naturwunder in den Westkarpaten, mit einem Laserscanner erfasst. Die Meziad-Höhle ist die erste touristisch erschlossene Höhle Rumäniens und bekannt für ihre spektakulären unterirdischen Landschaften aus eindrucksvollen Höhlenmineralen (Stalaktiten, Stalagmiten, Stalagnaten und Sintervorhänge). Außerdem beherbergt die Höhle eine der größten Fledermauskolonien Südosteuropas und einige endemische mikroskopische Organismen (von denen manche nur in dieser Höhle vorkommen).
Mit der hochaufgelösten 3D-Dokumentation soll die Komplexität der Höhle genau abgebildet werden, um etwaige Schäden durch invasive archäologische und paläontologische Forschungstätigkeiten beheben zu können. Zudem erstellte Top Geocart 3D-Modelle und andere Datenprodukte für seinen Kunden Spelemat, um Informationen für weitere Auswertungen speichern, organisieren und abrufen zu können. Die bereitgestellten Daten dokumentieren den Zustand dieses schützenswerten Naturdenkmals.
HÖHLENMISSION
Zusammen mit den Spezialisten von Spelemat plante Top Geocart das Projekt im Erdinneren. So gelang es dem kombinierten Expertenteam, die Felddaten schonend und ohne negative Einflüsse auf das Umfeld zu erfassen. Neben den zu verwendenden Technologien musste auch auf den richtigen Zeitpunkt geachtet werden, da sowohl das Wetter als auch der Wasserstand des Höhlenflusses missionskritische Faktoren waren.
Die Vermessungsingenieure von Top Geocart setzten führende Technologien ein, darunter:
- Leica RTC360-3D-Laserscanner
- Leica BLK360-Laserscanner
- Leica Viva GS16-GNSS-Smartantenne
- Leica GS18 T-RTK-GNSS-Rover
- Leica DISTO™ S910
Zur Punktwolkenregistrierung, Modellierung und für das GNSS-Netz wurden die folgenden Produkte verwendet:
- Leica Infinity-Software
- Leica Cyclone REGISTER 360-Software zur Punktwolkenregistrierung
- Leica Cyclone MODEL
- Leica Cyclone 3DR
- Leica GNSS Spider-Software
Das Team erkundete das bergige Gelände und georeferenzierte es mit GS16- und GS18 T-GNSSRTK-Rovern mit Echtzeitkorrekturen des nationalen rumänischen Basisstationsnetzes (ROMPOS), das GNSS Spider-Software nutzt. SmartLinkKorrekturen waren erforderlich, weil in den Bergen durch Steilhänge und Bewuchs immer wieder einmal die GSM-/GPRS-Verbindung unterbrochen wurde. Die Fähigkeit des GS16 bzw. GS18 T zur Arbeit mit dem SmartLink Service war entscheidend zur Überbrückung dieser Unterbrechungen und Bereitstellung präziser Positionsdaten. Auch die Leica RTKplusTechnologie in den beiden RTK-Rovern, die sich durch die Auswahl der optimalen GNSS-Signale intelligent an wechselnde Umgebungsbedingungen anpasst, diente zur exakten Positionierung.
Im Höhleninneren watete das Team in Spezialkleidung durch den Fluss, während der RTC360 und der BLK360 gut aufgehoben in wasserdichten Schutzbehältern und schwimmenden Taschen von Messposition zu Messposition trieben. Geschwindigkeit und Präzision sind entscheidend für die Arbeit in brusthohem Wasser bei Temperaturen unter 10 °C.
Das Team erfasste die größeren Bereiche und besonderen Elemente der Höhle mit dem RTC360 und erstellte dabei farbige 3D-Punktwolken in unter zwei Minuten. Mit einer Scanfrequenz von bis zu zwei Millionen Punkten pro Sekunde, dem modernen HDR-Imagingsystem und der automatisierten Registrierung des RTC360 ohne Zielmarken im Feld scannte Top Geocart die interessanten Areale innerhalb der Höhle binnen zwei Stunden mit einer Geschwindigkeit von 750 Metern pro Stunde.
Auf Knopfdruck erfasste Top Geocart darüber hinaus vollfarbige Panoramabilder, die mit einer hochgenauen Punktwolke überlagert wurden, die in den engsten Höhlenbereichen mit dem kleinsten und leichtesten Imaging-Laserscanner, dem BLK360, aufgenommen wurde. Wo es nicht möglich war, einen Laserscanner auf einem Stativ aufzustellen, wurden Messungen mit dem DISTO™ S910 durchgeführt.
DIE DATENPRODUKTE DER MISSION
Außerhalb der Höhle, nahe am Eingang, übermittelte das Team die Daten mithilfe von Leica Exchange automatisch und nahtlos an das Büro, um so die Zeit in der unwirtlichen Umgebung zu reduzieren. Die einfache Datenübertragung zwischen Feld und Büro erlaubte den Experten einen ersten Datencheck gleich vor Ort mit Leica Cyclone FIELD 360, Leica DISTO™ Transfer und der Leica DISTO™ Plan-App.
Zurück am Schreibtisch wurden die Punktwolkendaten von BLK360 und RTC360 mit Cyclone REGISTER 360 registriert und die GNSSDaten mit der Leica Infinity-Software geprüft und ausgewertet. Auch die DISTO™-Daten wurden in das GNSS-Projekt importiert. Zusammen mit Spelemat generierte Top Geocart eine einheitliche Punktwolke in Form eines Cyclone REGISTER 360-Projekts, das zur Visualisierung mit JetStream Viewer, einem kompakten Anzeigetool für Punktwolken, in die Formate E57 und LGS exportiert wurde. Die E57- Datei wurde in Leica Cyclone 3DR importiert, um Vermaschungen und digitale Geländemodelle (DGM) aus Punktwolken zu berechnen.
Zusätzlich wurden topografische Karten in 2D sowie 3D-DGM aus Daten des GS16- bzw. GS18 T-RTK-Rover erstellt, um neue Routen und Wege für Besucher zu erschließen. Distanzen und CAD-Dateien mit 3D-Punkten und Bildern wurden aus den mit dem DISTO™ S910 gesammelten Daten extrahiert.
Mit den bereitgestellten Daten werden Wissenschaftler, Besucher und die Verantwortlichen gleichermaßen unterstützt. Die Datenprodukte werden die Grundlage für Machbarkeitsstudien für die touristische Nutzung bilden und für Marketingmaterial zur Bekanntmachung dieses lohnenden Ziels verwendet. Die Punktwolken bieten Forschern einen digitalen Zwilling der Höhle, dem sie beliebige Profile und 3D-Messungen entnehmen können. Mithilfe der GNSS-Daten konnten Bereiche und Wege identifiziert werden, um die Höhle für Besucher und Wissenschaftler besser zugänglich zu machen.
„Leica Geosystems und Top Geocart haben die komplette Hardware- und Softwareausstattung für den gesamten Workflow bereitgestellt. Die Sensoren verrichteten auch unter schwierigsten Umgebungsbedingungen zuverlässig ihren Dienst und erfüllten höchste Standards in puncto Messgenauigkeit. Die Teammitglieder von Spelemat sind sich einig darin, dass sie unter so schwierigen Bedingungen noch nie so mühelos und effizient gearbeitet haben“, lobt Viorel Lascu, der Höhlenexperte von Spelemat.
Aufgrund des Erfolgs bei der Erfassung der MeziadHöhle hat sich Spelemat entschlossen, in einen RTC360, einen BLK360 und einen DISTO™ zu investieren, um zukünftig weiteren Geheimnissen der rumänischen Naturwunder auf die Spur kommen zu können.