Höhere Produktivität durch intelligente Bohrtechnologie beim Kernkraft-Werksbau

Case study

Autor: Mike James

Auf der Baustelle von Hinkley Point C (HPC), dem ersten einer neuen Generation von EPR-Kernkraftwerken (European Pressurised Reactor) in Großbritannien, wird Innovation großgeschrieben. Die Vision der Verantwortlichen ist, alles besser zu machen. Und das ist nicht nur eine leere Phrase, sondern gelebte Realität, die den Menschen, die auf einer der größten Baustellen Europas arbeiten, längst in Fleisch und Blut übergegangen ist.

Zur Sammlung von Bodenproben vor Baubeginn und Gründung eines stabilen Fundaments für das Großprojekt wurden geotechnische Bohrungen durchgeführt. Für die Arbeiten an HPC wurde – erstmals in Großbritannien – modernste geotechnische Bohrtechnologie mit Lösungen von Leica Geosystems kombiniert. Dies geschah unter der Federführung von Julian North, dem ehemaligen leitenden geotechnischen Ingenieur des Joint Ventures Kier BAM.


Einsatz von Maschinensteuerungstechnologie für geotechnische Bohrungen

Geotechnische Bohrungen dienen zur Erkundung und Vorbereitung eines Geländes. Dabei werden die Bodenstabilität und die Geologie eines Grundstücks ermittelt. Komplexe, aufwändige Baumaßnahmen wie geotechnische Bohrungen lassen sich durch Maschinensteuerung enorm optimieren. Über ein Display können Anbauteile und deren Position angezeigt und entsprechend den Vorgaben bewegt bzw. angepasst werden.

Als Verantwortlicher für die geotechnischen Bohrungen in HPC von den ersten Erkundungen bis zur Bodenplatte versteht North genau, welche Vorteile die Digitalisierung des Betriebs mittels Maschinensteuerung bringt: „Wir haben die potenziellen Risiken unter die Lupe genommen und analysiert, wie wir besser vorgehen können. Dabei hilft uns die Maschinensteuerung.“

Es hat sich herausgestellt, dass bei geotechnischen Bohrungen die Positionierungssteuerung und der schnelle Zugang zu bestimmten Informationen im Feld entscheidend sind. „Ein großer Pluspunkt ist, dass wir keine topografische Aufnahme benötigen. Wir können mit einem Grabungsmodell in einem Bereich loslegen, in dem wir vorher noch nie waren“, erklärt North. Die Maschinensteuerung spart uns viel Planungszeit und optimiert den Einsatz unserer Ausrüstung.“

Aber die tatsächlichen Vorteile gehen noch weit darüber hinaus: Gesundheit und Sicherheit sind ebenfalls wichtige Aspekte, die sich auch finanziell auszahlen. So reduzieren z. B. ferngesteuerte Systeme die Geräuschpegel, den Staub und die Gefahren im Zusammenhang mit schwerem Gerät, denen unsere Leute ausgesetzt sind.“


Stichbohrungen zur Steigerung der Produktivität



Bei Stichbohrungen wird eine Reihe von Löchern (in der Regel im Abstand von ca. 200 bis 250 Millimetern) nebeneinander getrieben, um den gesamten Bereich zu schwächen. Das erleichtert es dem Bagger, sich Unregelmäßigkeiten zunutze zu machen und intaktes Gestein herauszutrennen. Diese Vorgehensweise erlaubt schnellere und sauberere Grabungen bei minimaler Instabilisierung des verbleibenden Gesteins.

Ausgestattet mit der Leica iCON iRD3-Lösung auf zwei Bohrgeräten wurden für HPC über 40.000 Meter Stichbohrungen durchgeführt. North erläutert die Vorteile der Methode: „Wenn das Gestein auf diese Art geschwächt wird, können wir an tieferliegenden Grabungsorten, wo der Platz für größeres Gerät fehlt, kleinere Bagger verwenden.“

Da bei Stichbohrungen üblicherweise zahlreiche Löcher von geringer Tiefe gebohrt werden, wirkt sich jede Verringerung des Zeitaufwands zur Einrichtung der Bohrlafette über der einzelnen Bohrung günstig aus. Durch den Einsatz der Maschinensteuerungslösung von Leica Geosystems ließ sich die Bohrlafette korrekt ausrichten und positionieren, was nicht nur nennenswerte Zeiteinsparungen bot, sondern auch den Arbeitsaufwand und die benötigten Ressourcen reduzierte.

North beobachtete verblüfft, wie rasch sich die Maschinenführer in die Bedienung der Systeme von Leica Geosystems einarbeiteten. „Es dauerte nur ein paar Tage, bis sie plötzlich erklärten, sie würden nie wieder arbeiten wie früher“, schmunzelt North. „Das Display erwies sich als ideal für die Bediener, um die Lafette zu positionieren. Auch die Ingenieure waren begeistert, weil sie nicht mehr so viel Zeit draußen im Schmutz verbringen mussten. Wir konnten einfach Bohrungen auf einer Linie durchführen.“


Tiefer graben

Das Maschinensteuerungssystem erlaubte die Durchführung von weniger Bohrungen mit höherer Effizienz und kürzeren Stillstandszeiten, weil nicht darauf gewartet werden musste, dass Positionen markiert oder mit dem Bagger ausgehoben wurden. Dadurch standen die Bohrgeräte schneller wieder für andere Tätigkeiten bereit und erforderten weniger Aufsicht.

Zu den komplexen Komponenten des Tiefbaggerns zählten über 100 verschiedene Bauplattformen sowie zahlreiche Galerien, Schächte und Gruben. Die Höhe der vertikalen Felswände bewegte sich zwischen ein und 38 Metern, sodass Abgrenzungen für die unterschiedlichen Ebenen definiert werden mussten.

„Alle Felswände werden binnen 48 Stunden nach der Freilegung mit vor Ort hergestelltem stahlfaserverstärkten Spritzbeton behandelt, um jegliche Verwitterung zu vermeiden“, erläutert North. „Anschließend werden sie für umfassende Stabilität mit Stahlstangen fixiert.“


Geotechnische Bohrungen und mehr



Für den Bau von HPC sind die digitale Planung einschließlich der 3D-Modellierung von Baustellen und der durchgängigen Visualisierung von Projektabläufen entscheidend. „Jeder Workflow in Hinkley Point C wird analysiert, um ihn sicherer, besser und produktiver gestalten zu können“, so North.

In dieser Bauphase hat die Positionierung der Bohrgeräte bzw. der Bohrlafette mit der korrekten Ausrichtung mittels Maschinensteuerung wesentliche Zeit- und Ressourceneinsparungen gebracht und dabei gleichzeitig Gefahren im Zusammenhang mit Staub, Lärm und Maschinen reduziert.

North zufolge wirkt sich der Einsatz der Maschinensteuerung überdies günstig auf den gesamten Projektablauf aus. „Das Maschinensteuerungssystem enthält ein virtuelles Geländemodell. Davon profitieren wir auch bei der Geländeerkundung. Das Potenzial für die erfolgreiche Nutzung von Maschinensteuerungslösungen ist riesig.

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